Die deutsche Betreuungspolitik setzte vor der Jahrtausendwende seinen Fokus fast ausschließlich auf die familiäre Betreuung von Kindern. Insbesondere bei der finanziellen Unterstützung der Familie ist Deutschland im internationalen Vergleich auf einem sehr hohen Niveau. Jedoch litten durch die einseitigen Maßnahmen zusehends die Möglichkeiten der außerfamiliären Kinderbetreuung.
Seit 2000 reagiert die Politik und insbesondere das Familienministerium verstärkt auf die entstandenen Probleme. Dazu zählen die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die resultierende niedrige Geburtenrate. Aber auch die über die PISA-Studie identifizierten bildungspolitischen Probleme und die starken Unterschiede innerhalb des Bildungssystems sind Gründe für den politischen Wandel in der Betreuungspolitik.
So sagte die damalige Familienministerin Renate Schmidt: „In Deutschland geben wir pro Kopf für die Familienförderung fast auf den Euro genau so viel aus wie die Schweden. Aber: In Schweden ist die Geburtenrate höher, dort arbeiten mehr Frauen, die Kinderarmut ist geringer, und mehr Väter nehmen Elternzeit. Und nebenbei sind auch noch die Pisa-Ergebnisse besser.“ (SZ, 27.7.2004)
Reformen in der familiären Betreuungspolitik
Seit Beginn der 2000er Jahre wurden in Deutschland einige vorherrschende Gesetze und Fördermöglichkeiten für die Erziehung und Betreuung von Kindern umstrukturiert. Im Folgenden geben wir einen kurzen Einblick über die Veränderungen.Elternzeit
Im Jahr 2001 hat die rot-grüne Regierungskoalition das Erziehungsurlaubssystem hin zur Elternzeit reformiert. Dabei wurden wichtige Eckpfeiler geändert und auf die aktuelle Situation Rücksicht genommen. Die Teilzeiterlaubnis während der Elternzeit z. B. von 19 auf 30 Wochen erhöht. Zudem durften ab der Reform beide Elternteile gleichzeitig in die Elternzeit gehen und ein Jahr des dreijährigen Erziehungsurlaubes bis zum achten Geburtstag ihres Sprösslings nutzen. Eine aktuelle Änderung bewirkt, dass die Eltern, wenn das Kind am 1. Juli 2015 oder später geboren wurde, sogar zwei Jahre der Elternzeit zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes nehmen können.
Elterngeld
Das Elterngeld wurde am 01.01.2007 eingeführt und hat das sogenannte Erziehungsgeld abgelöst. Während bei dem Erziehungsgeld ein Festbetrag an die Familie gezahlt wurde, richtet sich das Elterngeld nach dem Nettoeinkommen des Elternteils, das wegen der Betreuung nicht oder nur in Teilzeit arbeiten kann. Insgesamt werden für 12 Monate je 67 Prozent des Nettoeinkommens als Lohnersatzleistung gezahlt, wobei das Geld nach oben mit 1.800 € und unten 300 € begrenzt ist.
Betreuungsgeld
Im August 2013 wurde zudem das Betreuungsgeld eingeführt. Dieses Geld soll den Eltern zur Verfügung stehen, die ihre Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren nicht in entsprechenden Einrichtungen betreuen lassen. Die Höhe des Betreuungsgeldes lag im ersten Jahr bei 100 € und wurde anschließend um 50 € erhöht. Am 21.07.2015 hat das Bundesverfassungsgericht diese Regelung nichtig erklärt und die Leistung gekippt.
Reformen in der außerfamiliären Betreuungspolitik
Neben den Unterstützungsmöglichkeiten für die familiäre Erziehung sollen insbesondere die außerfamiliären Fördermöglichkeiten weiter ausgebaut und fokussiert werden.Tagesbetreuungsausbaugesetz
Am 01.01.2005 trat das sogenannte Tagesbetreuungsausbaugesetz in Kraft. Das Ziel des Gesetzes war es, bis zum Jahr 2010 insgesamt 230.000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige zu schaffen, welches einer Betreuungsquote von 17 % entsprach. In den Kommunen wurde die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt, sodass freiwerdende Gelder direkt für die Umsetzung von Tagesbetreuungsplätzen eingesetzt werden konnten.
Kinderförderungsgesetz
Mit dem zusätzlichen Kinderförderungsgesetz, das im Dezember 2008 in Kraft trat, wurde der Ausbau der Kindertagesbetreuung weiter gestärkt und vorangetrieben. Bis 2013 sollte bereits für 35 Prozent der unter Dreijährigen ein Tagesplatz in einer KiTa oder vergleichbaren Einrichtung zur Verfügung stehen.
Der seit August 2013 gültige Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr, erzeugt bei den Kommunen einen zusätzlichen Handlungsdruck im Aufbau von qualitativen Plätzen. Auch heute ist dieser Anspruch auf Tagesbetreuung eines der Hauptthemen in der Betreuungspolitik.